Schnorchel

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Die U-Boote des zweiten Weltkrieges waren eigentlich alle nur Tauchboote. Dies lag daran, da sie die meiste Zeit ihrer Feindfahrt Überwasser verbrachten, um ihre Dieselmaschinen zu betreiben. Die Batterien, E-Maschinen und Atemlufttanks der Boote waren gar nicht dafür ausgelegt, dass sie für lange Zeit am Stück eingesetzt werden konnten. Der Zeitraum, indem ein U-Boot getaucht sein konnte, war im Stundenbereich und nicht im Tagebereich. Am Anfang war dies noch kein Problem, da die Boote sowieso in der Nacht und meistens aufgetaucht angriffen. Das Tauchen wurde nur als Schutzmassnahme genutzt, um sich vor feindlichen Flugzeugen und Kampfschiffen zu verstecken. Aber mit der zunehmenden Nutzung von Radargeräten der Alliierten fanden sich die U-Boote immer mehr dazu gezwungen, lange Zeiten Unterwasser zu verbringen. Dies führte aber zu einem Problem. Die U-Boote hatten so zu wenig Zeit, um ihre Batterien zu laden und die Atemlufttanks zu füllen.

Eine grosse Neuerung in diesem Bereich bot der Schnorchel. Der Schnorchel war ein langer, hohler Mast, welcher von den Booten ausgefahren werden konnte, um Unterwasser Sauerstoff für die Dieselmaschinen und Atemlufttanks anzusaugen und um die Abgase der Dieselmaschinen aus dem Boot zu bringen. Somit wurden die Tauchboote des zweiten Weltkriegs zum ersten Mal zu richtigen U-Booten, welche einen Grossteil ihrer Feindfahrt Unterwasser verbrachten.

Der Schnorchel war jedoch keine deutsche Neuerfindung. Die niederländische Marine experimentierte schon 1938 mit ersten Prototypen von Schnorcheln, mit denen sie ihre Dieselmaschinen Unterwasser betreiben konnten. Als die Deutschen die Niederlande eingenommen hatten und diese Technologie erstmals entdeckten, haben sie ihr nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Bei den drei niederländischen U-Booten, welche die Deutschen übernommen haben, wurden sogar die Schnorchel entfernt. Das einzige was die Deutschen interessierte wäre die Möglichkeit, ihre Atemlufttanks mit Schnorcheln Unterwasser zu füllen. Erst als die deutschen U-Boote im Verlaufe des Kriegs immer länger Unterwasser gedrängt wurden, erkannten die Deutschen die Bedeutung dieser Technologie.

Der Schnorchel der Deutschen hatte mehrere Voraussetzungen, welcher er in der Entwicklung erfüllen musste. Zum einen musste er genauso wie die Seerohre ein- und ausfahrbar sein, dass man ihn Unterwasser schnell aus- und wieder einfahren könnte, wenn die Situation dies erforderte. Zum anderen durfte der Schnorchel beim Unterschneiden des Seegangs nicht anfällig gegen Überflutungen sein. Der Schnorchel musste sich automatisch verschliessen, um das Eindringen von Wasser zu verhindern. Die Dieselmaschinen mussten also in der Lage sein, für bis zu 60 Sekunden Luft aus dem Bootsinneren zu ziehen, um weiter laufen zu können. Es wurde erwartet, dass die Schnorchel und Seerohre sich leicht vor Radarsignalen der Alliierten tarnen lassen, was sich im Einsatz jedoch als falsch herausstellte.

Schnorchel eines Typ XXI Bootes im Einsatz zusammen mit einem ausgefahrenen Seerohr

Im Sommer 1943 wurden erste Erprobungen eines Schnorchels mithilfe der U58, einem Typ II C Boot, in der Ostsee durchgeführt. Ab 1944 wurden dann vor allem Boote des Typs VII mit einem Schnorchel ausgerüstet. Zu Beginn mussten die Schnorchel noch manuell mithilfe eines Seilzugs hochgezogen werden. Schwere Pannen waren hierbei die Regel. Diese Pannen konnten später durch ein hydraulisches System zum Heben des Schnorchels verhindert werden. Die Schnorchelfahrt selbst stellte sich ebenfalls als äusserst herausfordernd heraus. Zum einen lag das an der Geschwindigkeit. Wegen Seerohr- und Schnorchelschwingungen war die Geschwindigkeit während einer Schnorchelfahrt auf maximal 5 – 6 kn beschränkt. Auch die Tauchtiefe musste sehr genau gehalten werden. Zu tief, und der Schnorchel versank im Wasser. Zu lange unter Wasser würde der Abgasdruck die Dieselabgase ins Bootsinnere drücken und den Druckkörper mit giftigen Abgasen füllen. Zu hoch, und der Turmbau des U-Bootes würde durch den Wasserspiegel brechen und könnte von Feinden entdeckt werden. Der Schnorchel hinterliess bei der Fahrt einen langen Schaumstreifen, der während Tageslicht gut von feindlichen Flugzeugen erspäht werden konnte und somit die Position des Boots verriet. Auch der Abgasqualm konnte man von weitem sehen. Aus diesem Grund wurde meistens nur nachts geschnorchelt. Um der Radarortung zu entgehen, mussten die Schnorchel möglichst tief über Wasser gefahren werden. Wenn nun der Seegang den Schnorchel zu oft verstopfte, führte dies zu vielen Luftdruckveränderungen im Inneren des Bootes und fiel vom Normalwert von 1020 mbar auf 820 mbar. Bei einem unaufmerksamen Tiefenrudergänger, was manchmal vorkam, konnte der Druck bis zu 500 mbar abfallen. Diese Druckschwankungen führten bei der Mannschaft zu starken Schmerzen, Ohnmachtsanfällen und bei einem zu schnellen Druckausgleich sogar zu gerissenen Trommelfellen. Auch das eigene Horchgerät war wegen des Diesellärms bei Schnorchelfahrten praktisch taub. Wegen all diesen Gründen misstrauten die U-Boot Mannschaften dem Schnorchel und hassten sogar dessen Einsatz. Der BdU war damit bemüht, Vertrauen in den Schnorchel zu wecken, indem er lobende Berichte über die neue Technologie unter den Mannschaften verteilte.

Mit der Entwicklung der alliierten Radartechnologie war es ihnen nun auch möglich, Schnorchel aus weiter Entfernung zu orten, was zu einem immer grösseren Problem für die U-Boote wurde, da sie so leicht entdeckt wurden ohne dass sie es selbst mitbekamen. Es wurden verschiedene Anti-Radar-Beschichtungen für den Schnorchel entwickelt, welche die Radarsignale der Alliierten schlucken sollten und das Radar-Echo des Schnorchels somit verringerten. Auf späteren Modellen wurde dann auch eine «Bali-Antenne», die mit dem «Naxos» Funkmessbeobachtungsgerät verbunden war, installiert. Diese konnten jedoch nicht die hohen Frequenzen der neusten Radargeräte der Alliierten wahrnehmen.

Trotz all diesen Nachteilen, erwies sich das Schnorchelsystem als äusserst wirksam und gab den U-Booten nun die Möglichkeit, sich besser vor dem Feind zu verstecken. Vor allem die U-Boot Typen XXI und XXIII, welche beide voll auf die Unterwasserfahrt und den Schnorchelbetrieb zugeschnitten waren, konnten sehr von den Schnorcheln profitieren. So wurde der Typ XXI auch zum ersten U-Boot Typ, der dazu designt wurde, ein richtiges Unterseeboot zu sein, welches den Grossteil seiner Patrouille getaucht verbringen konnte. Der Schnorchel wurde bei den Typ XXI Booten jedoch zu klein dimensioniert, weshalb die Boote beim Schnorcheln nicht mit voller Dieselleistung operieren konnten. Dieses Problem wurde beim Typ XXIII mit einem verhältnismässig grösseren Schnorchel verhindert.

Artikelspezifische Quellen:

The Schnorchel – Technical pages – German U-boats of WWII – Kriegsmarine – Uboat.net. (o. D.). https://uboat.net/technical/schnorchel.htm

Kohlenmonoxidvergiftungen und das vergessene Schnorchelabgasventil auf dem Typ VII C – Deutsches U-Boot-Museum. (2023, 28. März). Deutsches U-Boot-Museum. https://dubm.de/kohlenmonoxidvergiftungen-und-das-vergessene-schnorchelabgasventil-auf-dem-typ-vii-c/

Deutsche U-Boote 1935 – 1945.  1999 – 2020 by Markus Hofmann. http://www.u-boote-online.de/typen/typ_xxi.html